Ist Kochen Kunst?

Ist Kochen die älteste Form der Kunst? Berliner Sterneköche erzählen, wie sie ihre Kreativität in der Küche ausleben

Picasso war bekannt für seine Dinnerpartys, Guada­lupe Rivera veröffentlichte die mexikanischen Rezepte ihrer Stiefmutter Frida Kahlo und Salvador Dalí brachte 1973 ein surrealistisches Künstler-Kochbuch heraus. Aber auch die Kunst selbst kann zum Kochen inspirieren. Von dem Bild „Cherry Pie“ des Pop-Art-Künstlers Roy Lichtenstein über Way Thiedbauds Gemälde „Food Bowls“ bis zu dem Stillleben „Strawberries and Cake“ von John F. Francis aus dem 19. Jahrhundert ist Essen fortwährend ein beliebter Bildgegenstand.

Der österreichische Künstler Peter Kubleka, der an der Frankfurter Städelschule eine Klasse für Frankfurt die „Klasse für Film und Kochen als Kunstgattungen“ unterrichtete, brachte die Verbindung zwischen Kunst und Kochen auf ein philosophisches Niveau und vertritt – gestützt durch kulturwissenschaftliche Untersuchungen – die These, dass Kochen Kunst ist. Aber wie sehen es diejenigen, deren täglicher Beruf das Kochen ist – und deren Gerichte dabei weitaus durchdachter sind als schnell zubereitete Nudeln mit Tomatensauce?
[…]

Geschmackliche Balance
[…]
Kochen hat künstlerische Aspekte, doch das Handwerk dahinter spiele ebenfalls eine bedeutende Rolle, findet Eberhard Lange. Er ist seit 2015 Küchenchef von Hugos-Restaurant im InterContinental Berlin und hält den Michelin-Stern, den das Restaurant seit 1999 hat. Auch für ihn spielt die Ästhetik auf dem Teller eine wichtige Rolle im Prozess des Kochens. „Es beginnt dabei, das passende Geschirr auszuwählen. Zu einem eckigen Teller passen runde Formen beim Anrichten gut, zu dunklen Gerichte in hellen Farben“, beschreibt er.

Fast zu schade zum Essen
Besonderen Wert legt er darauf, dass das Essen filigran aussieht. Damit alles am richtigen Platz landet und schön aussieht, wird zuweilen mit Pinzette und Pinsel gearbeitet. „Das Auge isst mit, aber das zählt nicht alleine“, sagt er. Hinter ansprechend angerichteten Gerichten steckt mehr als nur die Optik. Wo auf dem Teller welches Produkt platziert wird, bestimmt darüber, in welcher Reihenfolge und Zusammenstellung ein Gast davon isst – und somit auch, dass er das gewollte Geschmackserlebnis bekommt.
„Ich habe schon oft von Gästen gehört, dass sie sich gar nicht trauen, etwas zu essen, weil es so schön aussieht“, erzählt Eberhard Lange. „Am Ende ist es doch in ein paar Minuten aufgegessen, auch wenn man dafür Stunden, Tage oder sogar Wochen gearbeitet hat.“ In diesem Prozess findet Eberhard Lange eine besondere Schönheit. Und vielleicht liegt genau darin eine wichtige Ebene des künstlerischen Kochens: die Flüchtigkeit, der Kreislauf.
Insbesondere in der Sterneküche müssen alle Gerichte akkurat zubereitet und zum rechten Zeitpunkt fertiggestellt sein. Dieser Zeitdruck in der Küche ist etwas, was die Arbeit von vielen anderen kreativen Berufen unterscheidet. Dennoch zieht Eberhard Lange eine erneute Verbindung: „Ich glaube, dass sowohl Köche als auch Künstler Freigeister sein müssen“, sagt er. Dennoch findet er: „Ein Einzelner wird nie etwas komplett Neues kochen, alleine, weil die Produkte für sich schon existieren.“

Gesamtkomposition Restaurantbesuch
Um einen Restaurantbesuch zu einem von Anfang bis Ende choreografierten Erlebnis zu machen, gehöre auch der Service, sagt Lange. Nach unterschiedlichen Vorgaben verhält sich das Service-Personal je nach Stil des Restaurants. Fast, wie in einer Performance. „Es gibt Restaurants, bei denen die Kellner extra frech sind, andere, die für den Gast Entscheidungen treffen und dann wieder sehr klassisch höfliche Formen“, sagt er.
Am Herd zu stehen, ist weder für Eberhard Lange noch für René Frank Kunst. Stecken aber kreative Ideen hinter den Gerichten, passe das Ambiente, die Optik und der Geschmack zusammen und ergeben ein stimmiges Gesamterlebnis, dann sagt Lange: „Kochen ist Kunst“. Doch nur,wer das Handwerk beherrsche, könne das in der Küche erreichen. „Man kann noch so kreativ sein, wenn man es nicht auf den Teller bringt, ist nichts gewonnen.“

Klicken Sie hier, um den vollständigen Artikel zu lesen.

Verfasser: Maja Goertz | Res Publica Verlags GmbH